Promising Young Woman von Emerald Fennell
Directed by Emerald Fennell
Written by Emerald Fennell
Produced by Margot Robbie, Josey McNamara, Tom Ackerley, Ben Browning
Ashley Fox, Emerald Fennell
Starring Carey Mulligan, Bo Burnham, Alison Brie, Clancy Brown, Jennifer Coolidge, Laverne Cox, Connie Britton
Cinematography Benjamin Kračun
Edited by Frédéric Thoraval
Music by Anthony Willis
Production companies: FilmNation Entertainment, LuckyChap Entertainment
Distributed by Focus Features (United States), Universal Pictures (international)
Release date January 25, 2020 (Sundance), December 25, 2020 (United States)
Running time 113 minutes
Countries United Kingdom, United States
Language English
Box office $16.6 million
Cassandra Thomas kratzt an der 30, lebt bei ihren Eltern und arbeitet in einem Kaffee. Das Leben zieht an ihr vorüber so scheint es, sie wirkt desillusioniert und setzt jeden Abend alles auf eine Karte, wenn sie die Betrunkene spielt und sich von hilfsbereiten Männer nach Hause bringen lässt. Cassie hat vor sieben Jahren ihre Freundin Nina verloren, die genau in einer solchen Situation vergewaltigt wurde und sich daraufhin das Leben nahm. Nun will sie diesen Männern den Spiegel vorhalten, sie demütigen und sich selbst reinigen, denn sie fühlt sich schuldig am Tod Ninas.
Es ist jetzt gut eine Woche her, dass ich „Promising Young Woman“ gesehen und sacken lassen habe. Es ist kein einfacher Film und ich denke, er wird kaum die erreichen an die er gerichtet ist, aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Emerald Fennell erzählt die Geschichte einer Frau, die ihr ganzes Leben über den Haufen geworfen hat, nachdem ihre beste Freundin sturzbetrunken war und auf einer Party vergewaltigt wurde. Niemand glaubte ihr, dass sie das nicht wollte, die gegnerischen Anwälte kamen sogar damit durch, dass sie selbst schuld war. Ein Szenario, dass die Täter und ihre Taten in Schutz nimmt und dessen Schäden und Demütigungen der Opfer für Männer kaum nachvollziehbar sind. Unsere Protagonistin ist aber kein Opfer im üblichen Sinn, nein, sie fühlt sich schuldig, weil sie nicht für ihre Freundin da war und sie nicht retten konnte. Cassie schmiss ihr Medizinstudium, obwohl sie zu den Besten gehörte und zog wieder zu ihren Eltern, die ihren Zustand mit Besorgnis ertragen. Dann fing sie neben ihrem Job in einem Kaffee an, in Kneipen und Clubs die Betrunkene zu spielen und darauf zu warten, dass sich ein netter Typ um sie kümmert und die Gelegenheit nicht verstreichen lässt, mehr zu wollen, obwohl sie nicht im Besitz ihrer Urteilsfähigkeit ist. Und es sind nicht die klischeehaften Brutalos, die hier die Situation auszunutzen versuchen, es sind die scheinbar guten Jungs. Man sieht es niemanden an wie er sich tatsächlich verhält, was seiner Meinung nach okay ist. Ob das Entsetzen auf den Gesichtern, wenn sie merken, dass Cassie tatsächlich nüchtern ist, mehr als eine augenblickliche Peinlichkeit ist und auf Dauer zum Umdenken führt, mag dahingestellt sein. Mulligan spielt ihre Rolle auf jeden Fall überragend, manisch, durchdacht, weder gut, noch böse, auch nicht heldenhaft; sie hat als Cassie Karriere und Zukunft begraben und befindet sich in einem Wurmloch aus Rache und Hoffnungslosigkeit.
Als eines Tages Ex-Kommilitone Ryan vor ihr steht, mittlerweile Kinderarzt und sein ehrliches Interesse an ihr bekundend, ändert sich für Cassie alles und ich dachte schon, ich wäre im falschen Film, denn musikalisch und optisch ist der Streifen ziemlich kitschig, das Haus der Eltern so voller Plüsch und Plump, dass man davon Zahnbelag bekommt und greift vor seinem infernalischen letzten Drittel noch mal tief in die rosa Wollkiste. Es finden sich viele religiöse Anspielungen, alleine der Name Cassandra ist der Wink mit dem Zaunpfahl und wähnt für das Ende nichts Gutes. Es kommt wie es kommen sollte, aber nicht so wie die Regisseurin sich das dachte. Nach Fennell gäbe es keine Gerechtigkeit, doch leider musste das Ende einem sicher nicht unbedingt gerechteren Schluss für Cassie, aber für die Sache an sich herhalten, was ich in gewisser Weise schade und ziemlich konstruiert fand, schlecht macht es den Film aber nicht. Insgesamt ein wirklich besonderer Film im positiven Sinn. Traurig und bestürzend, aber durchaus auch heiter und komisch. Er kommt ohne Gemetzel und explizierter körperlicher Gewalt aus, ist so viel subtiler und verstörender als das Gros der Genrefilme. Mulligan ist wie erwähnt ganz großartig und spielt im Grunde alle an die Wand. Fennell webt ihr einen so detailverliebten Rahmen, dass ich den Eindruck hatte, gar nicht alles erfassen zu können und sie hat einen ausgesprochenen Sinn für Einzelheiten, die mehr als Worte sagen und seien es nur die Leichenflecke eines herunterhängenden Armes, die einem jede Illusion rauben.
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Ich finde, der Film ist auch gerade musikalisch und optisch besonders. Sei es dieses mädchenhafte, unschuldige bei und rundum Cassie, dieses natürlich bewusst gewählten Songs (Paris Hilton, einer von Britney Spears) uvm.
Ich bin sicher, dass man bei nur einer Sichtung nicht alles erfassen kann und bei jeder weiteren Sichtung immer wieder etwas originelles findet, was man zuvor noch nicht bemerkt hat.
Die Leichenflecke sind mir beispielsweise gar nicht aufgefallen. Ich weiß aber beispielsweise bis heute nicht, was die roten und schwarzen Striche in ihrem Notizbuch bedeuten, Fennell spielt ja auch gerade zu Anfang damit, dass sie vielleicht einem der netten Männer, die sie abgeschleppt haben, was angetan hat. Kurz darauf hat sie z.B. rote Flecken auf ihren Bein (stellt sich aber als Ketschup raus)
Absolut, optisch ist der schon besonders, musikalisch mutig, aber eben auch ein Zeichen, dass sie ihre Jugend eingefroren hat.
Genau, alles kann man gar nicht so schnell erfassen, mir ist nur aufgefallen, dass Fennell sehr genau hingesehen hat und uns hinsehen ließ.
Eigentlich dachte ich, die Striche hätten zufällige Farben, aber ich denke, es geht dabei eher um wie ein „Abschleppmanöver“ verlaufen ist. Das sie eine Serienkillerin war bezweifle ich, eher wie hart sie sich wehren musste oder ob für den Typen noch Hoffnung besteht. Das mit dem Ketchup war provokativ, wahrscheinlich um uns genau so zu verunsichern 🙂
Nein eine Serienkillerin war sie nicht, Fennell spielt aber – durch das Notizbuch (die unzähligen roten und schwarzen Striche) – mit dem Zuschauer. Recht clever, der ganze Film eigentlich.