MeinImaginärerHitlerOder18KinderFürDasVaterland

Jojo Rabbit von Taika Waititi

Directed by Taika Waititi
Produced by Carthew Neal, Taika Waititi, Chelsea Winstanley
Screenplay by Taika Waititi
Based on Caging Skies by Christine Leunens
Starring  Roman Griffin Davis, Thomasin McKenzie, Taika Waititi, Rebel Wilson, Stephen Merchant, Alfie Allen, Sam Rockwell, Scarlett Johansson
Music by Michael Giacchino
Cinematography Mihai Mălaimare Jr.
Edited by Tom Eagles
Production company : Fox Searchlight Pictures, TSG Entertainment, Defender Films, Piki Films
Distributed by Fox Searchlight Pictures
Release date September 8, 2019 (TIFF), October 18, 2019 (United States)
Running time 108 minutes
Country  United States
Language English
Budget $14 million
Box office $44.6 million

Es sind die letzten Wochen des zweiten Weltkrieges und der 10jährige Johannes Betzler aka Jojo Betzler ist ein überzeugter Anhänger Hitlers, nicht zuletzt weil der sein imaginärer Freund und Berater in allen Lebenslagen ist. Selbstredend ist Jojo auch mit seinem besten Freund zusammen beim Deutschen Jungvolk, doch als er zeigen soll, dass er ein harter Kerl ist und das mit der Tötung eines Hasen belegen soll, versagt er.
Nach einer kurzen Unterredung mit Hitler, reißt sich Jojo zusammen und ergreift beherzt eine Granate, mit der er prompt in die Luft fliegt und schwer verletzt wird. Jojo ist von nun an entstellt, aber nicht nur das wird sein Leben von nun an maßgeblich verändern.

Es ist kein Geheimnis, dass ich ein großer Fan Taika Waititis bin und so hatte ich keine Zweifel, dass mir sein aktuelles Werk „Jojo Rabbit“ gefallen würde.
Waititis Jojo ist der 10 jährige Johannes Betzler, ein überzeugter Nazi, der sich Rat und Tat bei Hitler sucht, allerdings einer imaginären Version. Es ist ein herzliches Verhältnis zwischen den beiden, und Jojos Mutter ist alles andere als begeistert von Jojos Ansichten. Als sich Jojo beim Deutschen Jungvolk versucht und mehr oder weniger scheitert,  entdeckt er während seiner Rekonvaleszenz, dass seine Mutter eine junge jüdische Frau in der Wohnung versteckt hält. Das bringt das Kind etwas aus der Balance, denn er mag diese Person sehr, kann das aber nicht mit dem nationalsozialistischen Gedankengut vereinbaren.
Es ist unglaublich, was für eine intelligente und berührende Satire Waititi hier erschaffen hat; Lachen und Weinen liegen so nahe beieinander und in so vielen Details, die scheinbar urkomisch sind, zeigt er genau das, was ich aus den Erzählungen meiner Grossmutter und Mutter kenne. Ob es die 18 Kinder für das Vaterland sind oder die Hitlerjugend (hier etwas überspitzt bereits das Deutsche Jungvolk), die man als Kanonenfutter verheizt hat (Anmerkung: mit 10 Jahren war Waititis Jojo im Deutschen Jungvolk, da die Hitlerjugend erst ab 14 war) oder die erhängten „Verräter“ auf der Straße, da blieb einem das Lachen im Hals stecken.
Aus der Sicht eines Kindes erzählt kann man gut nachvollziehen, was diese Gehirnwäsche mit den Menschen, insbesondere den Kindern machte, diese irrsinnigen Vorstellungen vom „Monster Jude“ oder die Begeisterung in der Gemeinschaft fürs Vaterland zu kämpfen. Gleichzeitig hat unsere Hauptfigur nie seine Menschlichkeit verloren, ist dank seiner besonnenen  Mutter immer wieder in den Dialog getreten.
In „Jojo Rabbit“ sieht man die Liebe zum Detail. Sei es er unglaubliche Akzent, mit dem die Johansson aka Rosie Betzler und Waititi aka Hitler sprechen oder die beherzt zusammengestellte Garderobe, stille ernste Szenen, im Kontrast zu den absoluten Slapstickszenen beim Deutschen Jungvolk im Wald, die von einem selbstverliebten Hauptmann Klenzendorf an der scharfen Granate trainiert werden, der jedoch ganz andere, buntere Träume hat.
Auch bei den Darstellern hat Waititi alles richtig gemacht, Roman Griffin Davis ist ein durchschnittlicher Junge, der hier aber genau ins Bild passt, der Knaller ist aber sein Freund Yorki, gespielt von Archie Yates, der einfach bei der Stange bleibt und alles mit vollen Einsatz durchläuft, selbst in der Papieruniform (Waititi hat ein Händchen für kleine knubbelige Talente).
Scarlett Johansson passt perfekt, sie ist einfach ein Typ, den man in irgendeine Epoche werfen kann und die sich anpasst. Auch gut gefallen hat mir Thomasin McKenzie als Elsa und natürlich Sam Rockwell. Man, der Mann ist unglaublich. Bei der Besetzung von Rebel Wilson hat ich zunächst vorbehalte, ihre Rolle ist aber auf sie zurechtgeschnitten und das passt einfach.
Ich würde sagen: Waititi hat es einfach drauf; „Jojo Rabbit“ ist einer der besten und lehrendsten Filme, die ich über diese dunkle Zeit gesehen habe und von der gesparten Suppe bis hin zur phänomenalen Musikauswahl perfekt.

7 Gedanken zu „MeinImaginärerHitlerOder18KinderFürDasVaterland“

    1. Absolut und hoffentlich bewahrt er sich seine Sicht der Dinge auch weiterhin, ohne sich hineinreden zu lassen.

      1. Oh ja. Da hatte ich ja schon damals Angst, als es hieß, er würde Thor 3 drehen. Aber zum Glück war ja selbst da noch ordentlich viel Waititi drin…

  1. Tolle Kritik.    

    Ich habe ihn mir kürzlich sogar ein drittes Mal, dieses Mal mit einer Freundin, angeschaut, Die guckt nicht viele Filme, war aber völlig hin und weg. Sie war richtig berührt und hat sich aber auch kaputtgelacht. Sie fand Scarlett gut, aber hätte Waititi für den Oscar in der Nebenrolle nominiert. Yorki ist wirklich der Oberknaller. Er soll wohl demnächst im Home Alone Reboot mitspielen. „Jojo Rabbit“ ist einer der Filme, die man öfter sehen kann (und muss, um alle Details zu erfassen), allein die Titelsequenz könnte ich mir in der Dauerschleife anschauen.

    Mit dem Deutschen Jungvolk wusste ich auch nicht. Da hat er ja gut recherchiert.

    1. Danke 😀
      Ja, das ist ein Film, den man mehrmals sehen kann und sollte. Das werde ich sicher bald auch noch mal tun.
      Ich fand es faszinierend wie man so ausgewogen dieses schwierige Thema behandeln kann, mit Witz und dieser gewissen Waititi-Kindlichkeit und trotzdem immer genau auf den Punkt kommt.
      Am Schluss liefen mir natürlich die Tränen, weil sich mein Onkel mit 15 auch für die letzten Kamikazekinderflieger gemeldet hatte. Die Kinder waren gedanklich so verdreht…meine Oma hat die Einberufung dann zerrissen und meinen Onkel versteckt.
      Ja und Yorki, man, den möchte man doch gleich adoptieren :))

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