DieUnsichtbareKatze

Burning von Lee Chang-dong

Hangul 버닝, Revised Romanization Beoning
Directed by Lee Chang-dong
Produced by Lee Joon-dong, Lee Chang-dong
Screenplay by Oh Jung-mi, Lee Chang-dong
Based on Barn Burning by Haruki Murakami
Starring Yoo Ah-in, Steven Yeun, Jeon Jong-seo
Music by Mowg
Cinematography Hong Kyung-pyo
Edited by Kim Hyeon, Kim Da-won
Production company: Pinehouse Film, Now Film, NHK
Distributed by CGV Arthouse
Release date May 16, 2018 (Cannes), May 17, 2018 (South Korea)
Running time 148 minutes
Country South Korea
Language Korean
Box office US$6.7 million

Lee Jong-su ist ein ruhiger Typ. Sein Vater betreibt einen Bauernhof, bis er wegen Aggressionsproblemen insbesondere mit der Obrigkeit vor Gericht landet und er hat das College in Fach Schreiben abgeschlossen. 
Doch zum Schreiben kommt Lee Jong-su nicht, weil er sich mit kleinen Gelegenheitsjobs über Wasser halten muss.
Als er eines Tages von einem früheren Nachbarsmädchen Shin Hae-mi angesprochen wird, ändert sich für Jong-Su alles. Das quirlige Mädchen nimmt ihn sofort in Beschlag und er verliebt sich in sie. Doch wie gewonnen so zerronnen, denn Hae-mi bricht nach ihrer ersten Liebesnacht zu einem Selbstfindungstrip nach Afrika auf und kommt mit einem neuen reichen Freund zurück und verschwindet auf einmal.

 

Ich glaube Lee Chang-dong hat die Langsamkeit neu erfunden. Nicht dass ich mich in seinem Film nur eine Sekunde gelangweilt hätte, aber es ist einfach unheimlich schwer eine kurze Zusammenfassung eines 148 Minutenfilms zu schreiben, der erst in der letzten Dreiviertelstunde so richtig in Fahrt kommt, wenn man das überhaupt so sagen darf.

Die Geschichte dreht sich um Jong-Su, einen jungen Mann, der es bislang mit seinem cholerischen Vater aushalten musste und doch so ganz anders ist als er. Er möchte gerne Schriftsteller werden und pflegt einen ruhigen geordneten Lebensstil bis er auf das ehemalige Nachbarsmädchen Hae-mi trifft. Sie arbeitet als Animiermädchen für ein Kaufhaus und freundet sich mich Jong-su an, auch wenn er sie früher gehänselt hat und sie jetzt nicht erkannte, weil sie eine Schönheits-OP hatte (kleiner Seitenhieb auf den Südkoreanischen Schönheitswahn).
Doch schon nach ihrer ersten Nacht muss sich der Junge Mann von Hae-mi verabschieden, denn sie verreist nach Afrika, überredet Jong-su aber sich um ihre Katze zu kümmern. Das macht er auch gewissenhaft, doch sehen wird er sie nie; nur das verschwundene Fressen und das volle Katzenklo sind Indizien, dass sie existiert.
Als Hae-mi zurückkehrt hat sie einen reichen Typen aus Gangnam, Ben, im Schlepptau, der von nun an ihr Freund ist. Nichtsdestotrotz lässt sie Jong-su nicht fallen und die beiden zerren ihn immer mit. 
Ben ist ein typischer Vertreter der neureichen, gelangweilten Hipsterszene und zunehmend gewinnt man den Eindruck, dass er Hae-mi nur zu seiner Belustigung unterhält.
Doch dann kommt der Tag, an dem Hae-mi auf einmal verschwunden ist und nur Jong-su scheint sich Sorgen zu machen. Sie hatte Kreditkartenschulden und es scheint nicht unüblich, dass sich junge Frauen in Südkorea dann aus dem Staub machen. Aber Jong-su glaubt es besser zu wissen und als er nach ein paar Wochen Ben mit einer neuen Freundin trifft, die fast genauso drauf ist wie Hae-mi, kommen ihm Zweifel, was das Verschwinden seiner Freundin angeht.
So beginnt eine ausdauernde Beschattung Bens, der, trotzdem er irgendwann merkt, dass Jong-su ihn beobachtet, immer freundlich bleibt und ihn einlädt.
Als Jong-su dann bei einer Einladung Bens in dessen Wohnung eine neue Katze bemerkt, klingeln alle Alarmglocken. Und als die Katze wegrennt und nur auf den Namen hört, den Hae-mi ihrer Katze gegeben hatte, ist für ihn alles klar.
Für Jong-su gibt es hier nur eine Lösung, doch für uns bleiben eine unsichtbare Katze und ein verängstigter Streuner, der Jong-su mochte.
Wie gesagt, Lee Chang-dong erzählt sehr langsam, vielleicht noch langsamer als wir es vom asiatischen Film ohnehin schon gewohnt sind. Für den ein oder anderen ist das eine Geduldsprobe, mir persönlich hat das gefallen, denn die Sozialstudie der ersten zwei drittel des Filmes ist wirklich gut (das letzte Drittel ohnehin). Ungeschönt, ohne auf die Tränendrüse zu drücken.
Ist man hässlich, lässt man sich eben operieren; winzige Einraumappartements in schäbigen Mehrstöckern mit elektronischem Zahlencode an der Tür, der Kühlschrank zwischen Bett und Kleiderschrank, das Katzenklo unterm Bett und Sonne nur, wenn im Fernsehturm die Strahlen ins Zimmer reflektieren.
Im Kontrast dazu die reichen Jungleute, gepflegt, teuer gekleidet, teuer eingerichtet auf so viel Raum, dass 10 Hae-mi-Appartements darin Platz hätten, Hipster Lokale, große Wagen und merkwürdige Hobbys. Schnell gelangweilt verliert das quirlige Mädchen an Reiz und eine neue muss her; ernsthafte Absichten mit einem Mädchen aus einfachen Verhältnissen scheint hier ohnehin niemand zu haben.
Was mit Hae-mi passiert ist, interessiert nur Jong-su, der sehr beharrlich auf Spurensuche geht. Dazwischen erfahren wir etwas über seine Familie, seinen Vater, der wiederholt vor Gericht verurteilt wird, weil er sich gegen die Obrigkeiten auflehnt; ein Aggressionsproblem, doch Jong-su versucht ihm trotzdem zu helfen, seine Mutter, die ihn nach etlichen Jahren das erste Mal sieht und ihn anpumpen will.
Und dann das Finale, in dem Lee Chang-dong das erste Mal der Gewalt freien Lauf lässt und den aufgewühlten Protagonisten nur aufgrund dünner Indizien handeln lässt. Für ihn die Erlösung, doch für uns bleiben Zweifel.

Yoo Ah-in (der übrigens wie 17 aussieht, obwohl er über 30 ist) spielt hier den Jong-su und ich muss sagen erstaunlich gut. Ich mochte ihn ja bereits in „Veteran„, aber hier war er völlig anders. Daneben sehen wir Steven Yeun („TWD“, „Mayem„) als Ben und das erste Mal als möglichen Bösewicht. Ganz großartig ihn mal so ambivalent zu sehen und vor allem koreanisch sprechen zu hören.

Insgesamt für mich ein wirklich guter Film, der so erfrischend natürlich gespielt wurde, für den man allerdings viel Geduld mitbringen muss.
Leider hat „Burning“ in Deutschland bislang noch keinen Verleih.

 


Entdecke mehr von DasDingAufDerSchwelle

Subscribe to get the latest posts sent to your email.

2 Gedanken zu „DieUnsichtbareKatze“

  1. Ich ärgere mich jetzt richtig darüber, dass ich ihn mir – als ich die Möglichkeit – hatte, nicht angeschaut habe. Ich war aber an dem Tag eh schon müde, die langsame Erzählweise und das Lesen von Untertiteln hätte wahrscheinlich auch nicht zwingend dazu geführt, dass ich aufmerksam das Geschehen hätte verfolgen können. Wirklich schade, ich hoffe, ich kann ihn zu gegebener Zeit nachholen.

    1. Wenn man schon müde ist, ist dieser Film zu anstrengend. Wie Du schon sagtest, die Untertitel muss man ja auch noch aufmerksam verfolgen. Ich denke, es wird sich sicherlich noch eine Gelegenheit für Dich ergeben und vielleicht findest Du ihn ja auch ganz langweilig :))

NurZuTrauDich!

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.