FlüggeWerden

37 Seconds von Hikari

Japan 2019
Japanisch, Untertitel: Englisch
Dauer 115’
Farbe, Weltpremiere
Regie, Buch HIKARI
Kamera Stephen Blahut, Tomoo Ezaki
Montage Thomas A. Krueger
Musik Aska Matsumiya
Sound Design Sung Rok Choi
Ton Hiroshi Ishigai
Production Design Takashi Uyama
Kostüm Meg Mochizuki
Maske Hiromi Momose
Casting Sawako Ohzu
Mei Kayama (Yuma Takada), Misuzu Kanno (Kyoko Takada), Shunsuke Daitō (Toshiya), Makiko Watanabe (Mai), Minori Hagiwara (Sayaka), Haruka Imou (Yuka), Kiyohiko Shibukawa (Zuhälter), Eita Okuno (Hide), Toshinori Omi (Shota), Yuka Itaya (Fujimoto)
Regieassistenz Kohei Ninomiya
Herstellungsleitung Tomo Koizumi
Production Manager Kenji Okamoto
Ausführende Produzent*innen Katsuhiro Tsuchiya, Daisuke Sumitomo, Ryuji Yamagata
Produzent*innen Shin Yamaguchi, HIKARI
Co-Produzent*innen Morihisa Matsudaira, Tomoko S. Asami
Co-Produktion NHK Japan Broadcasting Corporation, Tokio
NHK Enterprises, Tokio
Produktion: knockonwood Tokio, Japan, 
HIKARI Films Los Angeles, USA

Yuma ist mit einem großen Talent gesegnet, sie ist eine ideenreiche Mangazeichnerin. Doch ihre eigene Karriere muss sie zurückstecken, denn sie ist nur die „Assistentin“ von Comic-Künstlerin und Bloggerin Sayaka, die Yumas Ideen als ihre eigenen verkauft und Yuma in der Öffentlichkeit verleugnet. Das liegt zu einem guten Teil daran, das Yuma unter einer frühkindlichen Zerebralparese leidet und im Rollstuhl sitzt. Überbehütet von ihrer Mutter bleibt Yuma kaum Raum zum atmen, bis sie eines Tages über ein paar Porno-Mangas stolpert und auf die Idee kommt in dieser Richtung zu arbeiten. Tatsächlich darf sie auch bei einem einschlägigen Verlag vorsprechen und die Verlegerin erkennt ihr Talent, rät ihr jedoch dazu eigene Erfahrungen zu sammeln, um ihre Zeichnungen echter machen zu können.
So nimmt die junge Frau allen Mut zusammen und macht sich, ohne das Wissen ihrer Mutter, auf ins Rotlichtviertel Tokios. Und sie geht noch weiter, denn sie spricht einen Koberer an, ob er ihr ein Sexdate vermitteln kann.

Irgendwie hatte ich den Inhalt dieses Filmes wohl nur halb gelesen und mir das anders vorgestellt, nichtsdestotrotz konnte mich „37 Seconds“ überzeugen.
Erzählt wird hier die Geschichte der 23jährigen Yuma, die aufgrund der 37 Sekunden Atemstillstand bei ihrer Geburt eine Zerebralparese hat und im Rollstuhl sitzt. In Japan mit Sicherheit ein noch größeres Manko, als bei uns. Sie wird von ihrer Mutter liebevoll umsorgt und wie es nicht selten so ist, zu liebevoll und einnehmend. Für Yumas Mutter ist sie ihr Lebensmittelpunkt und sie traut ihrer Tochter zu wenig zu und kann nicht loslassen. Wie wir erfahren werden, passiert das nicht ohne guten Grund, aber ist weder für die Mutter, noch für Yuma wirklich gut. Die junge Frau wird von ihrer Mutter gemaßregelt und auf ihrer Arbeit als Mangazeichnerin ausgenutzt, denn ihre Arbeitgeberin klaut Yumas Ideen und gibt sie als ihre aus. Yuma selbst hat ihren Stil geprägt, doch nun ist es offiziell der ihrer Arbeitgeberin und so muss sie sich umsehen wie sie sich von Heim und Herd trennen kann. Da kommt es ihr gerade zupass, dass sie im Gebüsch ein paar Porno-Mangas findet und beschließt in dieser Richtung weiterzumachen. Doch so ohne eigene Erfahrungen wirkt alles zu gekünstelt und ihr wird geraten erst einmal selbst körperliche Erfahrungen zu machen. Yuma denkt sich: nichts leichter als das und wählt einen ungewöhnlichen Weg, über einen Callboy, der wortwörtlich in die Hose geht. Und das Schicksal hält noch mehr für sie bereit, denn Yuma lernt Menschen kennen, die sie nicht schräg angucken und ihr unvoreingenommen helfen. So macht sich Yuma dann auch noch auf, ihren Vater zu suchen, macht dabei eine erstaunliche Entdeckung, findet zu sich und auch zu einem ganz eigenen neuen Stil und Geschichten und spricht sich mit ihrer Mutter aus.
„37 Seconds“ ist sicherlich keiner der üblichen Wohlfühlfilme, hat aber extrem viel Einfühlungsvermögen und Herz , vor allem aber eine herausragende Hauptdarstellerin, Mei Kayama, die mit ihrer piepsigen Stimme doch so bestimmt sein kann und dank ihres natürlichen unverklemmten Spiels Situationen und Szenen meistert, die leicht peinlich oder einfach nur doof hätten werden können. An manchen Stellen läuft es vielleicht etwas zu rund, verliert dabei aber nicht die junge Frau aus dem Blick, die sich hier versucht von der Mutter und ihrer Umwelt zu emanzipieren. Eine körperliche Behinderung heißt ja nicht, dass man keinen eigenen Willen hat und nicht selbstständig werden kann. Yuma hat als behinderte Frau natürlich an mehreren Fronten zu kämpfen und ich fand es beeindruckend wie die tatsächlich körperbehinderte Mei Kayama ihrer Rolle Leben einhauchte und den Zuschauer mitnehmen konnte.
Ein wirklich schöner Film, für den sogar trotz Zuschauertages noch ein Q&A angesagt wurde, dass ich zugunsten eines zweiten Filmes an anderem Ort sausen lassen musste und das sehr bereute.
Eine halbe Stunde mit HIKARI wäre an diesem Tag die bessere Wahl gewesen. Die war im Übrigen total begeistert, dass der Film vor einem so großen Publikum auf einer so großen Leinwand lief (restlos ausverkaufter Cubix Saal 9!) und bat um ein Winkeselfie mit den Zuschauern.

 

2 Gedanken zu „FlüggeWerden“

  1. Ja, den will ich unbedingt sehen. Das war ja auch der Publikumsliebling der diesjährigen Berlinale. Hatte ich sogar noch während der Berlinale empfohlen bekommen, musste aber leider wieder arbeiten, bzw. die Screenings waren schon vorbei. Ein deutscher oder amerikanischer Kinostart ist wahrscheinlich noch nicht bekannt?

    1. Keine Ahnung, ob und wann er ins Kino kommt. Leider konnte ich zum Q&A ja nicht bleiben, aber wünschenswert wäre es.

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