Dreiviertelmond von Christian Zübert
Inhalt:
Taxifahrer Hartmut Mackowiaks ist ein Stinkstiefel. In seiner kleinen Mercedestaxiwelt zählt nur Ordung im Wagen und den sich doch bitte anständig benehmenden Gast von A nach B zu bringen.
Mit Ausländern hat er es nicht so. Wer nicht anständig deutsch sprechen kann, wird auch schon mal stehen gelassen, wenn er nach dem Weg fragt.
Auch zu Hause steht nicht alles zum Besten. Gerade hat Hartmut seiner Frau eine neue Küche für 8000 Euro geschenkt und dann zieht sie kurz dananch aus. Er denkt, es ist eine Phase…
Als er eines Tages die kleine Hayat mit ihrer Mutter vom Flughafen an ihr Ziel, einem türkisch dominiertem Viertel in Nürnberg, bringt und sich mal wieder von seiner besten Seite zeigt, ahnt er nicht, dass diese Begnung sein Leben grundlegend verändern wird, denn Hayats Mutter gibt sie bei der Oma ab, weil sie auf einer Kreuzfahrt arbeiten muss. Doch kaum ist die Mama weg, fällt Hayats Oma ins Koma. Die Kleine kann zwar noch Hilfe holen, spricht aber kein Deutsch. Und wie der Zufall es will sieht sie Hartmut vor dem Krankenhaus und weicht ihm nicht mehr von der Seite.
Was soll er denn nun machen? Keine Frau mehr, aber ein kleines Mädchen, dass seine Sprache nicht spricht und keine Verwandten weit und breit!
Fazit:
Man muss schon sagen, Elmar Wepper kann überzeugen und das sage ich nicht häufig, wenn es um Deutschsprachiges geht.
Natürlich handelt es sich bei „Dreiviertelmond“ auch um eine gefällige Geschichte: nicht zu viel Tiefgang, aber durchaus zum Nachdenken anregend, alter Brummbär wird von einem kleinen süßen Kind unterwandert, sein Leben und sein Denken wird auf den Kopf gestellt und wendet sich zum Besseren.
Hier haben wir Hartmut, den leicht im Arbeitstrott eingefahrenen Taxifahrer mit Vorurteilen und der gewissen Prise Ausländerunfreundlichkeit, der unfreiwillig freiwillig zum Aufpasser und Versorger eines kleinen türkischen Mädchens wird, das weder seine Sprache spricht, noch in der heutigen Zeit eine angemessene Begleiterin ist.
Neben dem Durcheinander das Kind irgendwo adäquat unterzubringen, plagen Hartmut dazu auch Ängste. In seiner perfekt aufgeräumten und dekorierten Welt war schon ein Sprung bevor Hayat dort einbrach, denn seine Frau hat die Sachen gepackt und ihn verlassen. Und auch wenn Hartmut vorgibt daran zu glauben, das es sich um eine kurze Phase handelt, ahnt er dass es vorbei ist und hat große Ängste loszulassen und alleine zu sein. Als er sich endlich durchringt seiner Frau sein Herz offenzulegen, ist es zu spät.
Hartmut hat Probleme Gefühle zu zeigen und nimmt sich zuerst pflichtbewusst des Kindes an, versucht es bei Bekannten ihrer Familie unterzubringen. Er besucht sogar täglich Hayats Großmutter und liest ihr vor. Doch so nach und nach merkt man ihm die Freude an, sich richtig um Menschen zu kümmern, ihnen zuzuhören, mit ihnen zu sprechen, sie nicht nur zu versorgen.
Und dann werden Hartmuts Augen geöffnet, zwar spät, aber immerhin und er erlebt die Welt – endlich.
Eine Geschichte kann so gut sein wie sie will, doch was wäre ein guter Regisseur ohne ein ebenso gutes Ensemble?
In „Dreiviertelmond“ stimmt einfach alles. Es ist schon fast zu harmonisch und man kann nicht behaupten, dass hier eine Person falsch oder schlecht besetzt wäre, eine Figur nicht reinpasste.
Allen voran natürlich der großartige Elmar Wepper, dessen Spiel beeindruckend aufrichtig und facettenreich war und mit der kleinen Mercan Türkoglu perfekt in Einklang stand. Das Mädchen agierte erfrischend frei Schnauze – sie machte einfach und erinnerte mich mit ihrer lässigen Art, soweit man das von einer Sechsjährigen sagen kann, etwas an Catinca Untaru in „The Fall“.
Auch die Nebenrollen waren durchweg gut besetzt und so bleibt nur zu sagen, sollte man den Film im Kino verpassen, denn in vielen Lichtspielhäusern läuft er ja nicht, ihn im Fernsehen anzuschauen.
Deutschland 2011 – Regie: Christian Zübert –Darsteller: Elmar Wepper, Mercan Türkoglu, Ivan Anderson, Katja Rupé, Marie Leuenberger, Özay Fecht, Bernd Regenauer, Stefan Kügel – Prädikat:besonders wertvoll – FSK: ab 6 – Länge: 94 min.
NurZuTrauDich!