Hotelgeschichten

Somewhere von Sofia Coppola

SomewhereInhalt:
Actionstar Johnny Marco lebt so vor sich hin, aber nicht irgendwo, sondern in Hollywoods Chateau Marmont Hotel. Johnny weiß nichts mit seiner Zeit anzufangen. Er hängt gelangweilt im Zimmer ab, holt sich ab und zu zwei Stangentänzer-Zwillinge oder die Masseuse ins Zimmer oder fährt einfach nur mit dem Ferrari spazieren, wenn er nicht mehr oder weniger gelangweilt mit irgendeiner Blondine ins Bett steigt. Sein Trott wird nur von seiner Tochter aus einer gescheiterten Beziehung unterbrochen. Cleo ist elf Jahre alt, völlig unkompliziert und ziemlich selbständig. Als seine Ex der Meinung ist „einfach mal weg“ zu müssen, zieht Cleo für eine Woche bei ihm ein.

Fazit:
Als Sofia Coppola nach „Lost in Translation“ „Marie Antoinette“ drehte, dachte ich: alle Achtung, schön, dass sie etwas so anderes macht. Ich mag beide Filme gleichermaßen.
„Somewhere“ hingegen erinnert sehr an „LIT“ nur noch ruhiger, weniger Dialoge  und praktisch null Schrillem.
So sehen wir auch in „Somewhere“ wieder einen vereinsamten Schauspieler, dessen Leben Coppola ziemlich desillusionierend darstellt. Ohne erwähnenswerte Interessen, weiß der Mann nichts mit seiner Zeit anzufangen, liest nicht einmal die Drehbücher, die im zugeschickt werden. Unterbricht der Besuch seiner Tochter die Tristesse, gehen die beiden zum Eiskunstlauftraining, spielen Guitar Hero, liegen in der Sonne oder essen Eiscreme im Bett. Erfrischend, dass hier nicht die obligatorische gestörte Beziehung mit Vaters später Läuterung erzählt wird. Marco ist, wenn er mit seiner Tochter zusammen ist, ein liebevoller Vater und die kleine ist weder verzogen, noch überkandidelt, sie kocht selbst Käsenudeln oder macht Frühstück. Ganz normal und ohne Ecken und Kanten.
Leider hat „Somewhere“ aber auch seine Längen. An vielen Stellen hält Coppola „einfach nur drauf“ (natürlich sind das bestimmt künstlerisch wertvolle Bildausschnitte, Beleuchtung etc, sieht für den Laien aber nicht wirklich nach was aus). Zu Beginn sieht man nur den Ferarri endlos Kreise in der Wüste drehen; Bilder ohne oder mit „unwichtigen“ Dialogen und hin und wieder auch ohne Erklärungen. Es tauchen immer wieder Leute auf, die scheinbar eine Rolle in Johnnys leben spielen, der Zuschauer weiß jedoch nicht welche. Sein Kumpel, der mit Cleo Guitar Hero spielt und ab und zu auf der Couch sitzt oder die Blondine, mit der er im Bett landet, die anonymen Beschimpfungen am Telefon oder die Partys bei ihm in der Suite, die er nie organisiert, sondern auf denen er selbst wie ein Gast umherwandelt. Johnny zeigt leicht homophobe Tendenzen, als er völlig entsetzt von der Liege springt als der (männlich) Ersatzmasseur auf einmal die Hüllen fallen lässt um besser eins mit dem Klienten sein zu können (einige Zuschauer gingen danach) ist aber auch am anderen Geschlecht nicht mehr als für eine kurze Nummer interessiert.
Coppola baut durchaus auch komische Szenen ein, jedoch hatte ich gerade hier wieder die Assoziation zu „LIT“. Während es dort Japanisch war, ist der Protagonist hier zum Beispiel zwischendurch auf einer Preisverleihung in Italien. Alles brabbelt wie irre Italienisch, bombast Suite und eine absolut alberne Show mit noch mehr schnellem italienen Gequatsche, in der Marco dann völlig ratlos zwischen den Tänzerinnen steht und dann am nächsten Tag mit der Tochter die Flucht nach LA antritt.
Insgesamt erinnert „Somewhere“ sehr an „Lost in Translation“, erreicht den Vorgänger aber nicht. Der Film ist an vielen Stellen zu ruhig, zu wenig selbsterklärend, auch wenn Coppola immer wieder mit lustigen Situationen oder Anspielungen unterbricht, mag sich nicht dieses Aha- Erlebnis einstellen.  Stephen Dorff und Elle Fanning überzeugen auf ganzer Linie, als Einzeldarsteller sowie als glaubhaftes Vater-Kind Gespann.7-10
Eigentlich würde ich nur 6 Punkte geben, jedoch hat mir Elle Fanning so gut gefallen, dass ich einen Extrapunkt vergebe.

USA 2010 – Regie: Sofia Coppola –Darsteller: Stephen Dorff, Elle Fanning, Benicio Del Toro, Michelle Monaghan, Chris Pontius, Laura Ramsey, Caitlin Keats, Robert Schwartzman, Karissa Shannon, Philip Pavel – FSK: ab 12 – Länge: 98 min.

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8 Gedanken zu „Hotelgeschichten“

  1. …“Johnny“ surft durch’s Netz. Er schlürft Bohnenkaffee,
    und überlegt, ob er sich einen Joint drehen soll.
    Jedesmal wenn sich „Johnny“ nach vorne beugt, knarzt der Stuhl.
    Schon seit Jahren geht das so. Weiß der Teufel warum…

    Fortsetzung folgt.. 😉

  2. Dass der Film nicht an „Lost in Translation“ herankommt, aber trotzdem stark an ihn erinnert, habe ich schon oft gelesen. Immerhin ist die ganze Konstellation auch nicht ganz unähnlich.
    Aber anschauen werde ich ihn mir dennoch.

  3. Mmmh eigentlich 6 Punkte, das hört sich ja nicht sooo doll an. Ich habe gelesen, dass bei „Somewhere“ gegenüber „Lost in Translation“ schon richtig viel geredet wurde. Ich mochte ja die Stille und selbsterklärenden Momente bei „Lost in Translation“.“Marie Antoinette“ mochte ich nur so 7-Punkte-mässig, dafür „The Virgin Suicides“ damals. Ich bin gespannt und werde ihn hoffentlich am WE schauen.

  4. Echt? Also dagegen war „Lost In Translation“ dialoglastig.
    Gut „Somewhere“ hat natürlich viel Interpretationsspielraum, aber Du wirst es ja sehen. Bin gespannt auf Deine Meinung.
    Bei uns sind wie gesagt Leute gegangen und die neben uns haben applaudiert (aber nur wegen des Schlusses :))

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