Ein Hauch von Zen (restauriert) von King Hu

Ganz spontan habe ich mich entschieden innerhalb des „Film Restored“ Filmerbe-Festivals der Deutschen Kinemathek zwei Filme zu buchen, einer davon war „Ein Hauch von Zen“ von King Hu, den ich seit meinen Teenagertagen verehre und der meine große Liebe zu Wuxia-Filmen geprägt hat. Und wäre das nicht schon genug, habe ich mich sogar auf völlig unbekanntes Off-Kino Niveau begeben, bin also in ein Kino, dass ich bislang überhaupt nicht kannte und dass sich im „schönen“ Wedding befindet, dem Sinema Transtopia. Und ich kann noch einen draufsetzen: Ich bin mit der S-Bahn hin! Selbstbeweihräucherung zu Ende.
„Ein Hauch von Zen“ war seinerzeit ein totaler Flop. Die Dreharbeiten dauerten ewig; Herr Hu scheute sich nicht monatelang zu unterbrechen bis das Schilf am Set die richtige Höhe hatte und setzte auch sonst auf Perfektion, zum Beispiel legte er selbst Hand an Frau Hsu Fengs Frisur. Die wiederum musste wie alle anderen Schauspieler auch am Set alles mitmachen und wurde für die Special Effects eingeteilt, die unter anderem darin bestanden Schilf anzuzünden, um diesen wunderschönen “Nebel“ zu erzeugen, der sich im Film so durch die Kulissen waberte. Sie sagte, dass sie ordentlich Tränen vergießen musste, weil er so in den Augen brannte. Doch das Publikum honorierte das nicht, denn der Film kam in zwei Teilen ins Kino. In den 1970igern ein Unding. Man wollte eine abgeschlossene Geschichte, aber Herr Hu war mit dem Rest noch nicht fertig und so musste man damals ein paar Monate warten bis der zweite Teil kam, der ebenfalls floppte, weil die Leute den Inhalt des ersten Teils bereits vergessen hatten. Unglaublich, wenn man bedenkt, was einem heutzutage zugemutet wird und das trotzdem läuft wie geschnitten Brot.
Aber worum geht’s im Film genau?
Die Geschichte spielt während der Ming-Dynastie in einem sehr abgelegenen Dorf. Hier lebt der Mitdreißiger Gu, der seinen bescheidenen Lebensunterhalt mit Zeichnen und Schreibdiensten bestreitet. Als eines Tages ein Fremder ins Dorf kommt, verändert sich jedoch alles, denn der ist nicht was er Vorgibt, sondern ein Spion des Eunuchen Wei des Kaisers. Der ist korrupt und duldet keine Widerworte, geht strikt gegen „Verräter“ und deren Familien vor. Gleichzeitig mit besagten Agenten Ouyang Nian nistet sich eine hübsche junge Frau namens Yang in einem verlassenen Anwesen im Dorf nieder. Gu ist sofort von ihr angetan, was gut ist, denn Mutter setzt ihm zu zu heiraten. Doch Yang ist auch nicht die, die sie vorgibt zu sein, sondern die Tochter eines angesehenen hohen Beamten des Kaisers, der von Wei ermordet wurde und heißt eigentlich Yang Hui-zhen. Während ihrer Flucht mit zwei aufrichtigen Generälen verbrachte sie zwei Jahre im Chan-Kloster unter der Führung des Abtes Hui-yuan, wo sie lernte sich selbst zu verteidigen.
Das macht nicht nur bei Gu Eindruck, denn Yang steht für die moderne emanzipierte Frau, die weiß was sie will und wie sie es bekommt. Yang wählt nicht den einfachen Weg und lehnt es ab mit Gu zusammen zu sein, auch wenn sie ihn mag, um für ihr Ding zu kämpfen. Was ein Vorbild. Vielleicht liebe ich so viele Wuxia Filme auch deshalb, weil hier Frauen ganz selbstverständlich auch wehrhaft und selbstständig sind und Männer auch Schwächen zeigen dürfen, wenn auch immer mit einer Prise Humor.
Sicher aus heutiger Sicht wirkt dieser Klassiker an manchen Stellen etwas schleppend. Bevor es ehrliche Action gibt vergeht schon fast eine Stunde, dennoch erzählt Hu auch in den stillen Momenten ne ganze Menge und nimmt sich die Zeit für seine Ästhetik und die Liebe zum Detail. Und natürlich war die Vorstellung der Kampfmönche ganz groß und das der Abt dann auch noch ins Nirvana geht…Bruder und ich feierten dieses Ende als Teens, eigentlich noch heute. Davon abgesehen hatte ich den Eindruck, dass das doch überwiegend jüngere Publikum mit seiner Aufmerksamkeitspanne an seine Grenzen kam. Die Twen-Frau neben mir nickte regelmäßig weg, es fielen mindestens 20 Flaschen durch die Reihen, wahrscheinlich auch durch einnicken umgestoßen, wurden dann aber nachgekauft, was soll man schon bei Mandarin mit englischem Untertitel verpassen? Auch fand ich das ungewohnt unangenehm, dass ich Platzkarten kaufe, aber jeder sitzt wo er will und ich beinahe von meinem Platz vertrieben wurde. Ein Glück habe ich den tödlichen Blick.
Insgesamt ein interessantes Erlebnis, auf unbequemen Kinostühlen (wobei einige noch mehr Pech hatten und auf zusätzlich gestellten Plastikstühlen sitzen mussten), aber das wars mir Wert. An der „Kinokasse“ lag im Übrigen ein handgeschriebenes Blatt Papier mit der Aufschrift: „Don’t hate us the movies are very popular“. Fand ich gut.
Traditional Chinese 俠女 • Simplified Chinese 侠女 • Literal meaning Chivalrous woman • Directed by King Hu • Written by King Hu • Produced by Wu Ling-fung • Starring Hsu Feng, Shih Chun, Bai Ying, Tien Peng, Roy Chiao • Cinematography Hua Hui-ying • Edited by King Hu, Wing Chin-chen • Music by Wu Ta-chiang, Lo Ming-tao • Production companies: Union Film, International Film Production • Distributed by Union Film (Taiwan), Golden Harvest (HK) • Release dates: 10 July 1970 (Part 1, Taiwan), 18 November 1971 (Part 2) • Running time 180 minutes • Countries Taiwan, Hong Kong • Language Mandarin • Box office HK$678,321 (Hong Kong)
• SINEMA TRANSTOPIA • 24.10.2025 • 17.00 Uhr •

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