Problemchild

We Need To Talk About Kevin von Lynne Ramsay

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Inhalt:
Irgendwo in einer Kleinstadt in den USA lebt Eva in einem heruntergekommenden Haus und ist den Aggressionen ihrer Mitbürger ausgesetzt. Haus und Auto werden mit roter Farbe  beworfen. sie selbst wird von ihr bekannten Frauen geschlagen und beschimpft.
Nach langer Suche findet sie endlich einen Job in einem Reisebüro, weit unter ihrer Qualifikation, Eva ist jedoch dankbar, macht alles was man ihr sagt. Sie wehrt sich nicht, lässt alles über sich ergehen.
Eva blickt zurück: das Kennenlernen mit Mann Franklin, die Reisen, dann die Geburt von Kevin, das Schreien des Babys…das ständige Schreien, die Ablehnung zwischen Mutter und Sohn; die Entwicklung Kevins bis zum bitteren Ende der Familie.

Fazit:
„We Need To Talk About Kevin“ ist ein krasser Film, auch wenn man dies in der ersten Hälfte vielleicht nicht vermutet. Wir sehen Eva fast schon verwahrlost in einen schäbigen Haus auf dem Sofa liegen, im Kontrast dazu der Mercedes vor dem Haus, dann macht sie sich fertig: teure Klamotten. Das Haus wurde mit Farbbeutel beworfen, Eva trägt es mit Fassung, denn sie muss Arbeit finden. Kein leichtes Unterfangen, aber dann landet sie in einem unkonventionellen Reisebüro und darf die Ablage machen. Eva freut sich, ist unendlich dankbar. Sie blickt zurück in die Vergangenheit und Stück für Stück entblättert sich vor unseren Augen die grässliche Wahrheit, Evas Probleme mit Sohn Kevin von der Geburt an bis hin zum bösen Ende.
Seltsam mutet hier so manches an. Erst will Eva schwanger werden, dann merkt man, dass sie schon vor der Geburt depressiv wird. Ihr bisheriges Leben als Reisebuchautorin wird vorbei sein, die Partnerschaft wird sich verändert, dann kommt Kevin zur Welt. Ein Baby, das in ihren Armen ständig schreit, nicht bei Franklin. Spürt Kevin die Ablehnung oder lehnt Kevin Eva ab? Lehnen sich vielleicht beide gegenseitig ab? Zwischendurch versucht Eva immer wieder Zugang zu Kevin zu finden, doch es scheint bereits zu spät, der Junge verhöhnt sie, ist mit Sechs noch immer nicht von der Windel los, bis sie zuschlägt…
Ambivalent kann man das Verhältnis zwischen Mutter un Sohn dennoch nicht nennen, denn Kevin scheint eine Lebensaufgabe zu verfolgen, seine Niedertracht zeigt er jedoch offen nur der Mutter, verstellt sich vor dem Vater, mimt auf lieben Sohn. Als die Schwester zu Welt kommt, muss Eva umso mehr acht geben, denn sie merkt, dass Celia in Gefahr ist.
Warum reagiert sie nicht, bringt Kevin nicht in Therapie? Kann es sein, dass ein Elternteil überhaupt nichts mitbekommt? Wird ein Mensch böse geboren?
„We Need To Talk About Kevin“ gibt keine Antworten, er zeigt nur den Vorlauf eines Amoklaufes, denn darum geht es hier. Kevin wird zum Massenmörder und landet im Gefängnis; Eva muss mit dieser Last weiterleben, sie will damit weiterleben, so wie sie Kevin immer ertagen hat, offensichtlich mit der Hoffnung ihn irgendwann zu verstehen, endlich eine Antwort von ihm zu erhalten.
„We Need To Talk About Kevin“ ist einerseits ein erschütterndes Drama, dass von seiner überragenden Hauptdarstellerin Tilda Swinton lebt, andererseits stellt er die Behauptung auf, Menschen würden böse geboren werden. Kevin kommt in weiten Teilen des Films mehr an Damien Thorn heran, als das der Versuch unternommen wird tatsächlich eine Erklärung dafür zu geben, warum ein Mensch zum Amokläufer wird. Das ist für mich das große Manko des Films und wahrscheinlich auch des Buches, denn ich bezweifle, dass man mit einer antisozialen Persönlichkeitsstörung geboren wird, die womöglich schon mit der Ablehnung der Mutter gegenüber dem Kind in der Schwangerschaft gelegt wird. Somit bleibt Kevins Entwicklung zu dem, was er geworden ist für mich nicht schlüssig. Im Gegensatz dazu kann ich mir gut vorstellen, dass er den Amoklauf inszeniert hat, um seine Mutter zu demütigen und zu bestrafen, für was auch immer.
Schwierig – das muss jeder für sich entscheiden denke ich.2657942_1a3e0491ae_s
Der Film ist in seiner Gesamtheit bewegend, ein tritt in die Magengrube und unbedingt sehenswert, sei es nur wegen Frau Swinton.

GROSSBRITANNIEN 2011 / 112 MIN / ENGLISCHE OV REGIE LYNNE RAMSAY DARSTELLER TILDA SWINTON / JOHN C. REILLY / EZRA MILLER / JASPER NEWELL DREHBUCH LYNNE RAMSAY & RORY KINNEAR BUCHVORLAGE LIONEL SHRIVER
PRODUZENT JENNIFER FOX / LUC ROEG / ROBERT SALERNO VERLEIH KINO KONTROVERS

5 Gedanken zu „Problemchild“

  1. Ja, wie gesagt, schwierig, aber definitiv sehenswert. Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, aber hat sie ihn nicht bei ihrem letzten Gefängnisbesuch gefragt, warum er sie nicht umgebracht hat und er hat darauf geantwortet, dann hätte ich doch meine Zuschauerin verloren. Oder habe ich das reininterpretiert?

  2. Nein, also so wie er bei uns lief, hatte sie nur gefragt „warum“ und er antwortete, er dachte er wüsste den Grund, nun aber nicht mehr. Es war ja bis zum Schluss auch unklar wo Mann und Tochter sind.

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